Where have all the flowers gone? 


Maren Lebender BA



Ein Spiel um Artenvielfalt und wirtschaftlichen Ertrag 

Wiesen bieten Lebensraum für mehr als die Hälfte aller Schweizer Pflanzenarten. Aber Wiese ist nicht gleich Wiese. Im entstandenen Spiel können Sie die Auswirkungen verschiedener
Bewirtschaftungsformen auf eine Wiese und deren Artenvielfalt erleben. 


Gestalterisches Mentorat:
Reto Spörri 
und Anita Dettwiler


Kooperationspartner*innen:
Alex Stirnemann 
Kanton Aargau
Departement für Bau, Verkehr und Umwelt


Wer schaut nicht gern auf eine bunte Blumenwiese? Hört dabei den zwitschernden Vögeln zu oder lauscht den zirpenden Grillen? Doch artenreiche Wiesen verschwinden immer mehr aus unserer Landschaft. Insbesondere die Intensivierung der Landwirtschaft bedroht den Lebensraum. Heute prägen artenarme, eintönig grüne Wiesen das Landschaftsbild, aus denen auch die Vielfalt an Insekten und Vögeln verschwunden ist.

Um auf diese komplexe Problematik aufmerksam zu machen, ist eine digitale spielerische Anwendung entstanden. Die Spielenden nehmen die Rolle von Bäuerinnen und Bauern ein; sie müssen entscheiden, wie intensiv sie ihre virtuelle Wiese düngen und wie oft sie sie mähen wollen. Dabei sehen sie direkt die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf das Aussehen der Wiese, auf den wirtschaftlichen Ertrag und auf die Artenvielfalt. Schaffen es die Spielenden, den Artenreichtum der Wiese zu erhalten und gleichzeitig einen guten Ertrag zu produzieren?

Für die Folgen der verschiedenen Arten der Bewirtschaftung sind unter anderem 25 malerische Darstellungen entstanden, die mit grafischen Icons kontrastiert werden.

Ziel des Spieles ist es, beim Publikum ein Bewusstsein für artenreiche Wiesen zu schaffen und es für eine nachhaltige Landwirtschaft zu interessieren.







01  Willi’s Wiese



Ausstellung 
Das Spiel “Willi’s Wiese”ist für eine Ausstellung des Kantons Aargau zum Thema Biodiversität und Vernetzung von Biotopen konzipiert. Diese soll in einem mobilen Container an verschiedenen Messen gezeigt werden. Für den Ausstellungskontext muss das Spiel schnell verständlich, niederschwellig und möglichst kurz sein. 

Da die Ausstellungsplanung und Szenografie von Seiten des Kooperationspartners noch nicht abgeschlossen ist, beschränkt sich meine Bachelor-Arbeit auf das Erstellen des Spieles. Die szenografische Einbindung erfolgt durch den Kooperationspartner zu einem späteren Zeitpunkt.



Mockup einer möglichen Station im Container.
Das Spiel soll auf einem ca. 30x50cm
grossen leicht geneigten Touchscreen gezeigt werden.




Probier Willi’s Wiese selbst aus:
(Wird das Spiel bei kleinen Bildschirmen verpixelt angezeigt, gibts hier eine  Fullscreenversion ︎︎︎
Für eine bessere Auflösung je nach Browser über das Browsermenü unter Ansicht/ Anzeigen/ Darstellung  verkleinern bzw. rauszoomen.) 


Mit der Maus bedienbare Demoversion des Spieles.


Spielaufbau
Das Spiel ist in drei Hauptseiten gegliedert: 




Startseite:
  Die Spielenden werden in die Thematik eingeführt und erhalten die Aufgabe.



Spielseite:
Hier können die  Spielenden aktiv werden:
Durch Verschieben der Regler können sie die 25 möglichen Wiesenkombinationen erleben und sehen dabei direkt deren  Auswirkung auf Ertrag und Vielfalt.



“Aufgabe erfüllt” Seite:
Die Spielenden haben die Aufgabe erfüllt und erhalten weitere Informationen zur Thematik






Zusätzliche Informationen
Weitere Informationen erhalten die Spielenden zu folgenden Situationen:





Durch Klicken auf die Icons erfahren die Spielenden mehr zu den Icon-Themen sowie zu Mähen und Düngen. Das Spiel ist auch ohne diese Hintergrundinformationen verständlich.


Durch Klicken auf den ? Button wird den Spielenden die Spielfunktion erklärt und nochmal die Aufgabe gezeigt, falls diese den Startseitentext nicht gelesen haben.





Zu verschiedenen Momenten meldet sich Willi zu Wort und erklärt, warum die gewählte Einstellung nicht gut für ihn ist.




Wiesendarstellungen
Die Wiesen sind  im Jahresverlauf dargestellt, da sich dadurch viel mehr Informationen vermitteln lassen als bei der Darstellung eines einzigen Zeitpunktes.



100kg Stickstoff/ha und zu wenig Mähen im Jahresverlauf



Die Wiesen und die Slider
Die Slider “Mähen” und “Düngen” haben je fünf mögliche Einstellungen. Dadurch ergeben sich 25 Kombinationen für die Wiesen. Dabei wirken die Regler unterschiedlich auf die Wiesendarstellungen ein. Je nach Düngestufe ändert sich die Pflanzenzusammensetzung  der 
Wiesen:

0 kg Stickstoff/ha: Orchideen und andere Magerwiesenblumen

25 kg Stickstoff/ha:
Bunte Blumenmischung: Margeriten, Wiesensalbei, Wundklee, Futter-Esparsette...

50 kg Stickstoff/ha: Viele Flockenblumen, Butterblumen, Klee und Gras.
75 kg Stickstoff/ha:
Hauptsächlich Gras mit Löwenzahn und Klee.

100 kg Stickstoff/ha:
nur noch Gras und Löwenzahn.









Klare Schnitte
Das Verschieben des “Mähen” Sliders hat keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Pflanzenarten, sondern verursacht ein Kürzen der Wiese zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr. Für die jeweilige Schnitthäufigkeit sind die in der Landwirtschaft üblichen Schnitt-Zeitpunkte gewählt. Es wird erkennbar, dass der Blütenreichtum durch häufiges Mähen stark zurückgeht.


Düngestufe 25kg/ha mit 0-4 mal Mähen im Jahr   





Interaktive Elemente 
Um ihre Einheit zu zeigen, wurden alle interaktiven Elemente in einem ähnlichen Stil umgesetzt: Farbige, dunklere Kontur und mit bunter flächiger Füllung. So setzen sie sich vom Rest der Spielelemente ab. 

Buttons

Slider

Icons



Icons 
Die gezeichneten Pflanzen und Tiere stehen symbolisch für deren Vielfalt in der Wiese. Der Milchertrag aus dem Heu der Wiese wird in Milchflaschen dargestellt und der Verdienst inklusive Subventionen in Geldstücken. 




Je sechs Icons zu Pflanzenvielfalt, Tiervielfalt, Milchertrag und Verdienst 





Farbe und Anzahl
Die Anzahl der jeweiligen Icons zeigt  an, ob deren Zustand gut oder schlecht ist. Dabei „verschwindet“ bei den Tieren und Pflanzen jeweils das Icons zuerst, das am empfindlichsten auf Mähen oder Düngen reagiert.
Ausserdem verändert sich die Farbe je nach Anzahl der Icons. Es wird  ein “Ampelsystem” von grün=gut bis rot=schlecht genutzt. So ist der Zustand sowohl über die Form als auch über die Farbe erkennbar.
Um zu zeigen, dass die Icons auch als Buttons fungieren, wechseln sie beim Darüberfahren in eine naturalistische Farbgebung.

Tiervielfalticons in Ampelfärbung














Bauer Willi
“Bauer Willi” wird im Spiel eingesetzt, um den Spielenden eine sympatische Identifikationsfigur zu bieten. Landwirten liegt die Natur am Herzen, und sie setzen sich für Biodiversität ein. Deshalb vertritt Willi im Spiel beide Seiten, das Streben nach Ertrag und nach Artenvielfalt. Die einseitige Darstellung der Landwirtschaft als Sündenbock sollte so vermieden werden..


Bauer Willi mit seiner Kuh

Bauer Willis Reaktion, wenn die Spieleinstellung für ihn nicht gut ist.







.

02 Prozess 







Form follows content
Im Laufe der Arbeit habe ich mich intensiv in das Thema Grünlandbewirtschaftung eingearbeitet und verschiedene Experten aus Praxis und Forschung interviewt.
Um die komplexen Zusammenhänge von Grünlandbewirtschaftung, Milchviehhaltung und Artenvielfalt einem breiten Publikum vermitteln zu können, mussten die Inhalte heruntergebrochen werden.
Unter den vielen veränderlichen Grössen bei der Wiesenbewirtschaftung habe ich mir Mähen und Düngen ausgesucht, da der Bauer darauf direkten Einfluss hat. 
Mein Ziel war es, ein Modell zu entwickeln, das den Einfluss dieser zwei Faktoren auf die Wiesen visualisiert und den Einfluss qualitativ und auch näherungsweise quantitativ zeigt. 


Eingrenzung des Themas Grünlandbewirtschaftung und Strukturierung in drei Themenblöcke. Aus diesen hat sich der Spielaufbau entwickelt. 



Was beeinflusst die Pflanzen und Tierarten auf der Wiese?











Layoutentwicklung
Durch Variantenbildung wurde das Layout entwickelt. Dabei stand von Anfang an fest, ein Bild der Wiese und Icons zu zeigen. Die Wiesendarstellung hat dabei immer wieder variiert.
Ein entscheidender Punkt im Prozess war die Entscheidung gegen eine Aufsicht auf die Wiese und für die Seitenansicht im Jahresverlauf. Ein Aufsicht zu vermittelt zwar einen realitätsnäheren Eindruck der Wiese, zeigt aber nicht so deutlich wie die Seitenansicht die durch das Mähen verursachten Einschnitte.  

 




Wiesenkomposition 
Entwicklung der Wiesendarstellungen: Zuerst habe ich die aussagekräftigesten Stadien definiert und dann an Hand der Schnitte eine Übersicht aller Bilder zusammengestellt. Nach ein paar Stilversuchen habe ich mich für einen skizzenhaften Stil entschieden. So liessen sich die 25 verschiedenen Wiesenvarianten schnell genug  umsetzen und bei der eher kleinen Endgrösse der Darstellungen im Spiel  ist der Detailreichtum angemessen. 
Eine besondere war Herausforderung bei der Umsetzung war, die richtigen Blumen in der jeweiligen Jahreszeit im richtigen Zustand (spriessend, blühend, verblüht) zu zeigen.



Im Laufe der Arbeit ist eine grosse Fotosamlung als Vorlage entstanden 
Die meiste Zeit habe ich, dem Heuschnupfen zum Trotz, die Wiesen und Pflanzen direkt vor Ort mit dem Ipad abskizziert. 





Iconentstehung
Die Icons sind mit Illustrator umgesetzt. Das schafft einen stilistischen Kontrast zu den gemalten Wiesendarstellungen.
Im Lauf der Umsetzung sind verschiedene Varianten der Icons entstanden. Ideen waren z.B. die fehlenden Icons mit einer hinterlegten Fläche zu zeigen oder den Zustand (gut/schlecht) durch eine farbige Form im Hintergrund darzustellen. Nach veschiedenen User Rückmeldungen habe ich mich schlussendlich für das Ampelsystem mit rot, orange, und grün ohne Hintergrundform entschieden. Es wurde am besten verstanden. 










Coding
Weil Programmieren mir viel Spass macht, war für mich von Anfang an klar, dass ich meine Bachelor-Arbeit selbst programmieren möchte. Umgesetzt habe ich das Spiel mit Game Maker Studio 2, einem Programm zum Erstellen von 2D Spielen. Im Rahmen der Bachelor-Arbeit habe ich mir das Programm und die eigene Java basierte Programmiersprache GameMakerLanguage selbst beigebracht. Das Programmieren hat einen grossen Teil der Arbeitszeit eingenommen, aber mir war wichtig, eine voll funktionsfähige spielbare Version zu erreichen, statt einem animierten, nicht interaktiven Mockup. 







03 Ausblick 
 

︎ Usertesting
Im nächsten Schritt soll das Spiel nochmal von einer breiteren Gruppe auf Verständlichkeit des Interfaces und des Inhalts hin getestet werden.
︎ Vertonung  
Eine Vertonung des Spieles ist angedacht. Dabei sollen zum einen Hintergrundgeräusche zum Einsatz kommen, die auf die jeweilige Artenvielfalt angepasst sind. D.h. bei einer Magerwiese hört man viele Vögel und Insekten, bei einer Fettwiese sind fast keine Tiere mehr zu hören.  Zum anderen könnten gewisse Texte wie z.B. Willi’s Wortmeldungen statt geschrieben gesprochen werden.
︎ Einsatzorte 
Um das Spiel in der ganzen Schweiz zu nutzen, wäre eine Übersetzung in die anderen Landessprachen der Schweiz wünschenswert. 
Ausserdem liesse sich das Spiel mit kleinen Anpassungen auch in Deutschland einsetzen, die Subventionsregelungen sind ähnlich. 




Besonderen Dank an:

Anita Dettwiler
und Reto Spörri
für das hilfreiche Mentorat

Alex Stirnemann für die fachliche Beratung

Joachim Genser für die Botanikerexperstise

Dr. Gerhard Bronner, Dr. Rainer Oppermann,  
Dr. Reinhold Treiber und  Ulrike Stephan
für die Wiesenexpertise

Lorin Mühlebach für die Unterstützung, wenn ich beim Coden nicht mehr weiter wusste

Angelika Wey-Bomhard für die typografische Beratung

Gabriele Lebender
und Andri Schütz
für das Lektorieren der Texte

meine Familie und Freunde für die mentale Unterstützung 




︎
maren.lebender(at)web.de